Was passiert im 1. bis 4. Lebensjahr bei gesunden Kindern?

Es beginnt mit den ersten Schritten, nein, eigentlich schon vorher mit dem Krabbeln oder Rutschen - die Entdeckung der Welt. Die Wohnung wird zum Abenteuerspielplatz.


Sozialverhalten

Ihr Kind beginnt sich mehr und mehr nach aussen zu wenden. Es benötigt dabei Geborgenheit und Vertrautes, doch gleichzeitig möchte es Erfahrungen mit anderen Kindern und Erwachsenen sammeln. Bieten Sie Ihrem Kind das Zusammensein mit anderen Kindern an. Es liebt das Spielen, insbesondere Rollenspiele gewinnen mehr und mehr an Stellenwert. Auf dem Spielplatz werden nicht nur soziale, sondern auch die motorischen Fertigkeiten geübt und neu dazugelernt.
Sind Sie da, wenn Ihr Kind Ihre Zuneigung sucht und lassen Sie das KInd gehen, wenn es den Wunsch danach hat.
"NEIN" und "ICH" zeigen Ihnen jetzt ganz deutlich, in welche Richtung es geht. Selbstständigkeit, autonom sein, sich durchsetzen wollen – das erfordert von Ihnen als Eltern sehr viel Gelassenheit.
Als Trotzen bezeichnet man diese Momente, wo Ihr Kind auf seinem Standpunkt beharrt und sich möglicherweise lautstark dafür einsetzt. Das Trotzen ist ein typisches Reifezeichen des kleinen Kindes und verschwindet mehrheitlich im Alter von 4 Jahren.


Bewegung

Ihr Kind krabbelt, setzt sich vielleicht schon alleine hin, zieht sich an Gegenständen hoch und beginnt die Welt langsam auf zwei Beinen zu erkunden. Manche Kinder laufen oft schon mit 10 Monaten, andere mit 18 Monaten frei. Bleiben Sie gelassen, wenn Ihr Kind sich mehr Zeit mit dem Laufen lässt. Jedes Kind entwickelt sich in seinem eigenen Tempo. Doch wenn es laufen kann, dann ist nichts mehr sicher – die Wohnung wird zum Abenteuerspielplatz. Der Bewegungsdrang ist gross und die Energie scheint unendlich zu sein.


Sprechen

Die Sprache wird mehr und mehr eingesetzt. Es beginnt mit einzelnen Worten im Alter von 12 – 18 Monaten. Bald darauf folgen Zwei-Wort-Sätze, wie "Papa Auto" und schliesslich kommen die Kinder in das Fragealter. Zweijährige Kinder benutzen ihren Namen, fragen nach "wer, wie, was" und bilden Mehrwortsätze (3-5 Wörter). Die "Warum – Fragen" sind unerschöpflich, wie der Redefluss, welcher kein Ende nehmen möchte.
Sprechen Sie mit Ihren Kind von Beginn an viel und vereinfachen Sie die Sprache so weit, dass Ihr Kind Sie verstehen kann. Hören Sie zu und zeigen Sie Interesse. Lesen Sie dem Kind oft vor. Das Vorlesen lässt sich wunderbar in ein Abendritual einbauen.
Spricht ein KInd im Alter von 2 Jahren noch keine 50 Wörter oder macht es noch keine Zwei-Wort-Sätze, könnte es sein, dass eine Sprachentwicklungsverzögerung vorliegt. Nehmen Sie in diesem Fall mit Ihrem Kinderarzt oder Ihrer Kinderärztin Kontakt auf.
Es kann sein, dass Ihr Kind früh zu laufen, dafür aber spät zu reden beginnt. Genauso gut kann dies umgekehrt geschehen. Ihr Kind beginnt früh zu reden, doch eher etwas später zu laufen. Auch hier gibt es einen grossen Spielraum.


Essen

Die Mahlzeiten werden zu interaktiven Spielplätzen und dienen nicht nur der Nahrungsaufnahme. Sie sind auch für die soziale Entwicklung des Kindes wichtig. Der Wunsch selbstständig zu essen und zu trinken ist erwacht und Ihr Kind lässt sich sicher nicht davon abbringen.
Es gilt die Regel: Sie bestimmen, was auf den Tisch kommt. Das Kind bestimmt, wieviel es isst.


Schlafen

Der Schlafbedarf ist von Kind zu Kind sehr verschieden. Das Kind sollte soviel schlafen, dass es im Wachzustand zufrieden ist. Man darf jedoch nicht vergessen, dass es nur soviel schlafen kann, wie es seinem Schlafbedarf entspricht. Der kann sehr unterschiedlich sein und die Verweildauer im Bett sollte dem individuellen Schlafbedarf angepasst sein. Die meisten Kinder haben einen starken Drang zur Regelmässigkeit. Es gibt aber auch KInder, die Schwierigkeiten haben einen selbstständigen Rhythmus aufzubauen. Diese KInder benötigen einen von den Eltern vorgegebenen regelmässigen Tagesablauf (z.B. Mahl-, Schlafzeiten). Bei Fragen ist auch hier Ihr KInderarzt oder Ihre KInderärztin für Sie da.


Trocken werden

Und wie sieht es mit dem "Trocken werden" aus? Ihr Kind zeigt Ihnen, wann es dazu bereit ist. Die Eigeninitiative tritt bei den meisten Kindern zwischen 18 und 36 Monaten ein. Als Eltern sind Sie das Vorbild und können es dabei unterstützen.


Quelle

Remo H. Largo: Babyjahre. Die frühkindliche Entwicklung aus biologischer Sicht. Carlsen, Hamburg 1993. Piper, München 2010
Oskar Jenni und Remo Largo (2013): Wachstum und Entwicklung. In: Hoffmann, Lentze, Spranger, Zepp.
Pädiatrie: Grundlagen und Praxis, 4. Auflage. Seiten 8-91.